Der Besuch von Papst Benedikt in Deutschland hat viele Diskussionen ausgelöst. In der Öffentlichkeit werden Positionen dabei meist mit großem emotionalen Aufwand vorgetragen. Die Blickwinkel können stark machtpolitisch oder von religiösen Empfindungen geprägt sein.
Was Papst Benedikt tatsächlich gesagt hat, könnt Ihr bei der Deutschen Bischofskonferenz nachlesen oder
auf der Vatikan-Seite (auch als Video, was bei mir aber nicht geht).
Ich übersetze die Rede…
…aus dem Theologischen
Papst Benedikt würdigt das Engagement – stellvertretend der Anwesenden – in Kirche und Gesellschaft mit Bezug auf Lumen Gentium (die Kirchenkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils) als Beitrag zur Verwirklichung dessen, wozu die Kirche gesandt ist.
Damit sind sie auch den Anfragen an die Kirche ausgesetzt, die die Gesellschaft ihnen stellt und die sie sich angesichts der schlechten Presse und schwindender Mitgliederzahlen selbst stellen.
Doch Veränderung, so Papst Benedikt, beginnt bei jedem Einzelnen. Kirche sind alle. Kirche bedarf der Veränderung, und sie verändert sich, wenn die Christen christlicher leben.
Veränderung geht also nicht „von oben“ aus.
Die Kirche ist immer der Reform bedürftig, weil wir als Christen, die die Kirche bilden, immer wieder am An-Spruch Christi scheitern, nicht tun, was zu tun ist, wie wir sollten.
Kirche und Gesellschaft verändern sich durch die Botschaft des Evangeliums, wenn wir sie mit unserem Leben bezeugen.
Wenn die Kirche sich einfach der Gesellschaft und ihren Mechanismen anpassen würde, würde sie ihr Zeugnis vom „mehr“ des Glauben aufgeben und sich im allgemeinen Common Sense verlieren. Kirche ist immer auch widerständig.
Gott ist Liebe. Er hat dem Menschen Freiheit gewährt. Doch nur in der Beziehung zu Gott kann er diese Freiheit in rechter Weise gebrauchen.
Die Menschen in diese Beziehung zu Gott zu bringen, ist die einzige Aufgabe der Kirche.
Die Kirche muss sich aus ihrer weltlichen Fixierung auf „Organisation und Institutionalisierung“ lösen und offener werden. Dazu hat ihr die Säkularisierung geholfen. Nur der Verzicht auf Privilegien macht sie glaubwürdig.
Gerade die Distanz zum ‚Alltagsgeschäft‘ macht erkennbar, worauf es wirklich ankommt. So kann sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe zuwenden und unbefangener für alle da sein.
Anbetung hat ihr Ziel immer darin, dass wir entsprechend zum glaubwürdigen Handeln kommen. Die Kirche darf als Institution keine eigenen Machtansprüche neben denen Gottes erheben. Sie muss den Menschen mehr mit dem inwendigsten in ihm selbst in Verbindung bringen, denn Gott ist uns näher als wir uns selbst (Augustinus). Gott ist unendlich höher und größer als wir und doch ganz Innen in jedem einzelnen. Gottesbegegnung führt inner durch die Selbstbegegnung hindurch und darüber hinaus in Zuwendung zur Welt.
Um Taktiken der Mitgliederwerbung darf es uns nie gehen. Das ist unredlich. Wir müssen ganz in der Wirklichkeit leben, nüchtern und gegenwärtig, uns von Konventionen und Gewohnheiten, die uns im Scheinglauben halten, befreien.
Christsein ist immer „skandalös“ gewesen: Gott kümmert sich um die Menschen, er macht sich in der Zeit als Mensch erfahrbar und stirbt menschlich. Er verspricht und ermöglicht uns bleibendes Leben in Gemeinschaft mit ihm selbst. Das zu glauben ist für jeden Menschen eine Zumutung.
Es ist an der Zeit zu neuem Mut, sich aufs Wesentliche zu besinnen. Sich nicht einfach in der Welt zu verlieren heißt gerade nicht, sich aus ihr zurückziehen. Vielmehr muss die Kirche sich engagieren, freilich aus ihren tiefsten Wurzeln in der Liebe Gottes heraus, die die Zuwendung zum anderen erst fruchtbar macht.
Die Kirche weist gerade dann über die bestehende Welt hinaus, wenn wir der Welt die Herrschaft der Liebe Gottes durch das Evangelium bezeugen, indem wir so leben und Rechenschaft geben, wenn wir gefragt sind.
Es geht darum, ‚einfach‘ zu lieben, sich selbst zu verschenken. Und das ist „das Einfachste und Schwerste zugleich“, was es in der Welt gibt.
Der Papst erbittet zum Schluss den Segen und die Kraft des heiligen Geistes, damit wir, jeder an seinem Ort, die Liebe Gottes „erkennen und bezeugen“ können.
Das ist am Text entlang wiedergegeben Absatz für Absatz. In eigenen Worten etwas zu sagen, bedeutet immer zu interpretien. Doch bevor jemand sagt ich phantasiere, mag er bitte sich dessen vergewissern, indem er den originalen Text vergleicht.
Wenn Ihr wissen wollt, was so geschrieben wird…
… hier sind Kommentare zur Papstrede und zum Papstbesuch:
Professor Papst (FAZ.NET 27.Sept. 2011)
Papst mahnt zur Aufgabe von kirchlichen Privilegien (ZEIT ONLINE 25.Sept. 2011)
„Kirche muss sich entweltlichen“ (FAZ.NET 25.Sept. 2011)
Papst Benedikt in Deutschland: Bilanzgespräch (Radio Vatican 26. Sept. 2011)